Erster Filmkünstler

Sir Charles Spencer Chaplin verkörperte als Charlie den heimatlosesten Tramp der Filmgeschichte. Blöder Superlativ, ich weiß, aber bei Chaplin macht man mit einem Superlativ nicht leicht etwas falsch. Vor allem aber zeichnen sich seine Filme durch ihren poetischen (und sogar politischen) Humor aus. Es gibt so viele Szenen, die sich wie ikonisch ins Gedächtnis einprägen. Wenn ich nur an seinen „Goldrausch“ denke!

In diesem Film lädt Charlie zwei Damen zum Abendbrot. Eigentlich zu einem Silvesteressen. Aber das passt irgendwie nicht zu den ärmlichen Umständen. Die beiden geben vor, die Einladung anzunehmen, denken jedoch nicht daran, diesem heruntergekommenen Vagabunden, einer in ihren Augen real existierenden Witzfigur, tatsächlich die Aufwartung zu machen. Dabei hat der sich mächtig ins Zeug gelegt. Während Charlie wartet, überkommt ihn die Müdigkeit, und er schläft ein. Im Traum gibt er vor den beiden Damen den unwiderstehlichen Unterhalter, der zwar nicht die Puppen, aber zwei Schrippen tanzen lässt. Mithilfe zweier Gabeln, die er in die Brotlaibchen piekst, führt er den perfekt choreografierten legendären „Brötchentanz“ auf. So tiefgründig humorvoll und vor allem würdevoll kann das Leben gerade auch in der Not sein.

Man begreift aber auch, warum Chaplin mit dem Tonfilm sogar dann noch gehadert hat, als er nicht mehr aufzuhalten war. Charlies Filmsprache war das Bild. Dabei hat er sich auch in Ton durchaus wacker geschlagen. Trotzdem: Die Figur des Tramps war mit dem Tonfilm Geschichte.

Chaplin wurde natürlich immer wieder ausgezeichnet. Seine Verehrung in Amerika kühlte aber aus politischen Gründen deutlich ab, was den gebürtigen Engländer sogar ins Schweizer Exil zwang. 1972 endlich erhielt er seinen Walk of Fame-Stern in Hollywood, außerdem einen Ehrenoscar für seine filmischen Verdienste. Die Verleihung zeigt einen zutiefst gerührten alten Mann, dem die Welt des Films endlich den Tribut zollt, den er als erster Filmkünstler (noch ein Superlativ) verdient hat.

Autor: Emsemsem.net

Ob gereimt oder nicht: Ich mach's und mag's kurz auf Emsemsem.net, wo es vorwiegend Aphorismen, königlich-bayrische Reimungen über den niederbayrischen Kini und Gedichte gibt. Wie gesagt: vorwiegend.

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