Joseph Ratzinger geh in seinem Buch „Jesus von Nazareth“ auf die Bedeutung des Sabbats für die Juden ein. Der Sabbat ist demnach „nicht nur eine Frage der persönlichen Frömmigkeit, er ist Kern einer Sozialordnung.“ (Seite 140). Im Folgenden weist er auf das Thema hin, wie heilsam dieses Denken auch für unsere Gesellschaft wäre, geht aber nicht näher auf die Thematik ein.
Mich hat der Gedanke nicht losgelassen. Heutzutage freuen sich viele Menschen auf das Wochenende. Nicht etwa, weil sie die Bedeutung des Sonntags kennen, sondern lediglich, weil sie frei haben und sich hier somit angeblich entfalten können. So gehen sie am Wochenende – ich gehe hier von den Menschen aus, die am Wochenende nicht arbeiten müssen – in der Regel anderen Beschäftigungen nach als in der Arbeit. Sie erfüllen sich teilweise ihre Träume. Sie betreiben eine Sportart, gehen mit Freunden Essen, auf ein Konzert oder machen viele andere Tätigkeiten.
Doch treten wir einen Schritt zurück: Was macht die Gesellschaft aus? Nicht alleine die Selbsterfüllung sichert das Überleben der Gemeinschaft. Die Fortpflanzung – also das Familienleben – ist die Basis all unserer Gesellschaftsformen. Ohne Nachkommen würde die Menschheit aussterben. Das Wochenende ist ein idealer Zeitpunkt, um die Familienbande zu stärken. Wenn die Familienmitglieder an unterschiedlichen Tagen frei haben, belastet dies alle und trägt zu vielen Konflikten bei.
Wenn also nun der Vater am Montag und Mittwoch frei hat, die Mutter am Mittwoch und Freitag, die Kinder dagegen nur von Montag bis Freitag in die Schule gehen, dann würde sich die Familie kaum sehen. Da viele Menschen in Dienstleistungsbereichen – wie den Verkauf – arbeiten, haben diese nur einen gemeinsamen freien Tag in der Woche. Das ist der Sonntag. Wenn allerdings die Ladenöffnungszeiten ausgeweitet würden und am Sonntag auch offen wäre, hätte das katastrophale Folgen für viele Familien.
Unabhängig von der religiösen Bedeutung des Sonntags hat der gemeinsame freie Tag in der Woche auch einen enorm wichtigen gesellschaftlichen Faktor. Ich habe es selbst gemerkt, als ich früher von Montag bis Samstag gearbeitet habe. Außer dem Sonntag habe ich einen Tag zwischen Montag und Samstag frei gehabt. Die zwei Tage waren erstens oft genug zerrissen und unabhängig. Zweitens haben nicht alle Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder in der Woche Zeit, so dass der freie Tag unter der Woche meistens genutzt wurde für Erledigungen. Am Sonntag kam es dann auf mehrere Faktoren an, ob man sich gesehen hat – Entfernung – Erschöpfung – Sehnsucht nach Erholung – etc. Dieses Zerpflücken würde den Zusammenhalt in der Gesellschaft noch weiter treiben, würde der Sonntag als ganz normaler Tag gelten.