Voller Vorfreude ging ich am Freitag aus der Schule, da meine Eltern, mein Bruder und ich am Wochenende einen Christkindlmarkt besuchen wollten. Wir wussten zwar noch nicht, welchen – in München gibt es eine Vielzahl an Angeboten. Das tat meiner Freude aber keinen Abbruch. An der Bushaltestelle traf ich meinen Bruder. Ich sah, dass er das Wochenende auch freudig erwartete. So konnten wir den morgigen Tag kaum erwarten.
Nach dem Mittagessen am Samstag war es dann endlich soweit. Wir machten uns auf den Weg und fuhren mit der S-Bahn in Richtung Innenstadt. Wir entschieden uns für den Christkindlmarkt am Chinesischen Turm im Englischen Garten.
Wir spazierten von der Bushaltestelle durch den Englischen Garten und hörten schon den fröhlichen Lärm des Marktes. Vergnügt ließen wir uns treiben. Mein Bruder und ich bekamen Zuckerwatte und bestaunten die kleinen Kunstwerke der Handwerker. Sogar einen kleinen Ausflug mit der Pferdekutsche durften wir machen. Welch eine Freude war das! Wir wollten gar nicht wieder gehen. In dem ganzen Trubel merkten wir gar nicht, wie die Zeit davon eilte. So wurde es auch langsam dunkel. Die Lichter gingen an und verliehen dem Christkindlmarkt noch einen wundervollen Zauber. Als meine Eltern nach einer gewissen Zeit zum Aufbruch mahnten, merkten wir, dass der Abend schon voran geschritten war.
Als wir den Christkindlmarkt verließen, durchfuhr uns ein großer Schrecken. Wir merkten, dass die Lichter nur den Christkindlmarkt erhellten, im gesamten Englischen Garten aber keine Beleuchtung zu sehen war. Nicht das kleinste Licht schien. Sogar der Mond und die Sterne versteckten sich hinter den Wolken. Es war stockfinster und wir mussten doch den Weg zur Bushaltestelle finden. Tragisch war, dass es in den 90-er Jahren weder eine Bushaltestelle in der Nähe gab – die Haltestelle „Chinesischer Turm“ kam erst in einigen Jahren – noch hatten wir eine Taschenlampe dabei – Handys waren damals noch nicht so ausgereift wie heute. Also mussten wir in den sauren Apfel beißen und den Weg aus dem Englischen Garten suchen. Unsere Eltern übernahmen dabei die Führung, während wir uns alle an den Händen hielten, um niemanden zu verlieren. Was für ein Anblick! Inmitten einer Großstadt gab es tatsächlich einen Ort ohne Lichter und wir waren mittendrin. Nach einer schier gefühlten Unendlichkeit fanden wir wieder auf die Straße und konnten erleichtert unseren Weg zur Bushaltestelle ohne weitere Probleme forsetzen.