Irrwege im Urlaub

Eines schönen Tages fuhr ich mit meiner Freundin in den Urlaub. Voller Vorfreude schmiedeten wir schon Tage vorher Pläne. Am zweiten Tag in Mittenwald beschlossen wir, auf den Kranzberg zu fahren und von dort aus gemütlich wieder zurück zu wandern. Doch wie so immer: Der Mensch denkt, Gott lenkt. Mit Kameras, Sonnencreme und Verpflegung gerüstet brachen wir auf.

Auf dem Sessellift schwebten wir mit wundervoller Aussicht dem Gipfel entgegen. An so einem schönen goldenen Oktobertag konnte doch nichts schief gehen.

Nachdem wir – oben angelangt – die herrliche Aussicht genossen haben, machten wir uns auf den Weg zurück nach Mittenwald. Da ich noch nicht hier war, meine Freundin dagegen schon sehr oft, verließ ich mich auf ihren Orientierungssinn. Anfangs folgten wir brav den Schildern, machten immer wieder Halt für Fotos und hatten unseren Spaß

Nach einer geraumen Weile lud ein See zur Rast ein. Wir ließen uns nieder und verzehrten den großen Teil unserer Wegzehrung – schließlich hatten wir schon mehr als die Hälfte zurück gelegt. Nach dieser Stärkung erblickten wir noch wunderbare Fotomotive, bei denen wir uns gegenseitig fotografierten. Plötzlich ging meine Digitalkamera aus und die Linse fuhr nicht mehr ganz zurück. Allen Mühen zum Trotz wollte die Kamera nicht mehr. Ihr war es wohl zu viel geworden. Und das schon am zweiten Tag! Meine Freundin aber wusste Rat. Sie kannte ein Elektronik-Fachgeschäft in Mittenwald, das wir nach der Wanderung aufsuchen wollten. Eigentlich hätte uns dies eine Warnung sein müssen. Jedoch blieben wir auf unserem eingeschlagenen Weg und wanderten tapfer weiter.

Mit der Zeit wurde es ruhiger und der Weg zog sich doch mehr in die Länge als wir dachten. So ein Pech, dass wir schon alles gegessen haben. Wenigstens hatten wir noch genug zu trinken. Weit könnte es ja nicht mehr sein. Wie sehr uns dieser Weg in die Irre geführt hat, erfuhren wir jedoch erst später.

Mit jedem Meter nahm noch dazu die Schönheit der Natur rapide ab. Nun wusste selbst meine Freundin nicht mehr, wo wir waren. Hinweisschilder hatten wir auch schon geraume Zeit nicht mehr gesehen. An Internet und einer Standortbestimmung war nicht zu denken. Auch trafen wir hier keine Menschenseele mehr. Also marschierten wir – mittlerweile recht stumm geworden – weiter in der Hoffnung, einfach irgendwo raus zukommen.

Schon längst glaubten wir nicht mehr daran, auf dem richtigen Weg gewesen zu sein. Als der Tag schon weiter fortgeschritten war, hörten wir den Lärm von Autos. Das machte uns Hoffnung. Endlich! Von dort aus könnten wir sicher unserem Ziel irgendwie näher kommen. Allerdings täuschten uns die Sinne und wir gingen noch eine halbe Stunde, ehe wir die Straße erreichten.

Wir sahen auch einem Bus hinterher, der nach Mittenwald fuhr. Nun hatten wir doch noch Glück! Also folgten wir der Straße. Irgendwo muss doch die Bushaltestelle sein. Bei einer Schranke saß ein Wärter, den wir nach dem Weg fragen wollten. Verwirrt blickte er uns an. Da seien wir aber ganz schön weit vom Weg abgekommen. Der Bus, den wir nur von hinten sahen, war der letzte Bus an diesem Tag. Wenn wir aber der Straße folgten, dann kämen wir nach Klais und könnten von dort aus mit dem Zug nach Mittenwald fahren. Es sollte in einer halben Stunde erreichbar sein.

Mit neuem Mut machten wir uns auf und nahmen unsere Kräfte zusammen. Doch wegen des Hungers waren wir schon sehr erschöpft und brauchten länger als die angegebene halbe Stunde. Leider verpassten wir hier auch den Zug und der Zug fuhr nur alle 60 Minuten. Jedoch fuhr noch ein Zug. Nach der langen Wartezeit waren wir in Windeseile in Mittenwald – er brauchte nur zehn Minuten.

Als wir dann zum Elektronik-Fachgeschäft gingen, sagte man mir, dass die Kamera nicht mehr zu retten sei und dass das bei älteren Kameras vorkommen könne. Also kaufte ich mir eine neue. An dieser Stelle, an der meine Kamera ihren Geist aufgegeben hatte, schlugen wir den falschen Weg ein. So wanderten wir mehr als sechs Kilometer nach Klais – ich bin überzeugt, dass wir nicht den direkten Weg genommen haben. Daher weiß ich nicht einmal, wie viele Kilometer wir letztlich gegangen sind. Die fehlende Nahrung und das fehlende Wasser sowie die warmen Temperaturen taten ihr übriges, dass wir beide an diesem Tag früh und erschöpft ins Bett fielen.

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