Fridays for Future: Was braucht die Klimabewegung

Vor Kurzem habe ich auf Focus ein Interview mit einem Aussteiger aus der Bewegung „Fridays for Future“ gelesen. Es war sehr aufschlussreich und interessant. Clemens Traub kritisiert hier und in seinem Buch „Future for Fridays?“, dass die Klimabewegung wenig Gespür hat und kein Durchschnitt der Gesellschaft sei.

Vor Kurzem habe ich auf Focus ein Interview mit einem Aussteiger aus der Bewegung „Fridays for Future“ gelesen. Es war sehr aufschlussreich und interessant. Clemens Traub kritisiert hier und in seinem Buch „Future for Fridays?“, dass die Klimabewegung wenig Gespür hat und kein Durchschnitt der Gesellschaft sei. Clemens Traub selbst ist Anfang 2019 bei seiner ersten Demonstration gewesen und beschreibt, dass es damals ein großartiges Gefühl gewesen sei, unter Gleichgesinnten zu sein. Doch nun sieht er es anders.

Die Bewegung setzte sich nämlich fast nur aus Gymnasiasten und Akademikern zusammen. Sie würden die Nase rümpfen, wenn jemand mit dem Diesel fährt oder billig einkauft und somit der Umwelt schadet. Doch die finanziellen Aspekte von zum Beispiel LKW-Fahrern oder anderen weniger gut bezahlten Arbeitnehmern wurden nicht beachtet. Clemens Traub spricht dabei von „absurden Täter-Opfer-Bildern“:

Die Reinigungskraft, die ihre drei Kinder ernähren muss, aber aus Geldmangel im Discounter einkauft, wird zur Klimasünderin. Der Angestellte vom Land, der seinen Diesel braucht, um zur Arbeit zu kommen, ist schuld an der globalen Erwärmung. Und der Einser-Stipendiat aus Hamburg Blankenese wird zum Klimahelden hochstilisiert, weil er das 20-Euro-Ökosteak kauft.

Focus Interview mit Clemens Traub

Daraus entsteht ein Abgrenzungsmechanismus von Fridays for Future, der andere als nicht informiert oder dumm abstempelt. Doch an die Lebenswirklichkeit und die drängenderen Problemen dieser Leute denken sie dabei nicht. Auch nicht in der Corona-Krise, wenn sie wieder auf die Straße gehen für das Klima, obwohl viele Menschen ihre Arbeit verloren haben oder um ihre Existenz kämpfen, wie zum Beispiel Künstler: „Manchmal habe ich den Eindruck, dass Fridays for Future vor lauter Liebe zur Erde die Menschen vergisst, die auf ihr leben.“ (Clemens Traub). Das größte Problem der Bewegung ist, dass sie zum großen Teil aus Akademikern besteht, denn nur diese haben die Zeit und Muße, sich mit diesen Themen der Klimapolitik auseinander zu setzen und auch das Geld, um diese umzusetzen. Clemens Traub selbst formuliert es auf Ruhrbarone folgendermaßen:

Es erklärt, warum Forderungen zur Rettung des Klimas sozial ausgewogen sein müssen. Und es erklärt auch, warum sich immer mehr Menschen fragen, wann endlich für ihre Alltagssorgen auf die Straße gegangen werde: für bezahlbare Wohnungen, für gerechte Renten …

Ruhrbarone Gastbeitrag von Clemenss Traube

Es wurde auch eine Forschung durchgeführt im Institut für Protest- und Bewegungsforschung (davon habe ich bisher noch nicht gewusst, dass es dieses gibt). In acht verschiedenen Ländern und elf Städten wurde diese Befragung durchgeführt und spiegelt auch das Empfinden von Clemens Traub wider. 70 % der Befragten gaben an, zu Mittelschicht zu gehören, knapp 3 % der Oberschicht und etwa 5 % den Arbeitern. Menschen mit Migrationshintergrund sind gar nicht vertreten. So stellt der deutsche Protestforscher Dieter Rucht auf Jetzt.de fest: „Die Eltern der FFF-Aktivisten sind oft Akademiker“. Diese Studie wurde von der Heinrich-Böll-Stiftung und Otto Brenner Stiftung unterstützt.

Quang Paasch, ein Aktivist für Fridays for Future reagiert darauf folgendermaßen:

„Das stimmt. Die Szene, die sich für Klimaschutz einsetzt, ist insgesamt sehr weiß und privilegiert. Denn man kann nur nachhaltig leben, wenn man das nötige Geld dazu hat. Andere Menschen können sich mit diesem Thema nicht beschäftigen.“ Er betont aber auch: FFF sei offen, jede*r könne sich beteiligen. FFF bemühe sich in der vergangenen Zeit verstärkt um mehr Diversität.

Artikel auf jetzt.de

Das sei aber, laut Dieter Rucht, nicht ein Einzelphänomen, sondern es würde sich auf vielen Demonstrationen und Protesten widerspiegeln, da Akademiker prinzipiell politischer seien. Andere Gesellschaftsschichten dürfen sich aber auch engangieren und werden nicht ausgeschlossen. Doch auch ich habe festgestellt, dass Klimaschützer oft belehrend sein möchten und keine andere Meinung gelten lassen. Bei jeder Diskussion geht es, meiner Meinung nach, um den moralischen Aspekt. Ich streite nicht ab, dass jeder zum Klimaschutz beitragen kann, doch einen allgemeinen Vorwurf an die Konsumenten daraus zu machen, ist falsch. Es gibt viele Ansätze, damit umzugehen. Clemens Traub selbst hatte ein einschneidendes Erlebnis, das für ihn die Wende brachte und er den Klimaschutz unter anderen Voraussetzungen fortsetzen möchte.

Das entscheidende Erlebnis von Herrn Traub, als er der Bewegung den Rücken kehrte, war, als man in der Mensa seiner Universität die Plastikteller verbot. Da es schwer ist, mit der Hand einen Kuchen zu balancieren, brach bald Chaos aus. Als die Kassiererinnen darüber lachten, wurden sie von den Aktivisten beschimpft. So stand für Clemens Traub fest: „Ich werde nie vergessen, wie an diesem Tag im vermeintlichen Kampf für den Klimaschutz jeder Anstand und die Mitmenschlichkeit verloren gingen. An diesem Punkt war für mich klar: So bin ich nicht, so will ich nicht sein.“

Er appeliert trotzdem, sich für das Klima einzusetzen. Dafür sollte aber nicht der Konsument an den Pranger gestellt werden, sondern die Politik und die Gesellschaft als Ganzes sei gefragt, was für den Klimaschutz unternommen werden kann. Außerdem ist Clemens Traub dafür, die düsteren Bilder des Untergangs durch Bilder der Chance und Hoffnung zu ersetzen, die der Klimaschutz bringt.

Diese Ansätze sind im Prinzip schon ganz gut doch Clemens Traub schreibt auch: „Der gesamte politische Diskurs, sowohl in den Parteien als auch auf der Straße, geht an der Alltagswirklichkeit vieler Menschen in Deutschland komplett vorbei.“ (Ruhr Barone). Somit sei die Politik auch dazu aufgerufen, hier die Menschen in allen Schichten abzuholen.

Ich fürchte aber, dass die Emotionalität in dem Thema Klimaschutz nie vollständig verschwinden wird, da es um die Zukunft des Planenten und die Lebensgrundlage für die zukünftigen Generationen geht. Was den Hype um „Fridays for Future“ angeht, habe ich jetzt schon den Eindruck, dass dieser abgenommen hat. Was die Bewegung letztlich bewirken kann, liegt daran, wie sie sich weiter entwickelt, denn die entscheidenen Beschlüsse zum Klimaschutz werden von der Politik und der Wirtschaft bestimmt, auch wenn der Verbraucher und Konsument einen kleinen Teil davon ausmacht, indem er entscheidet, was er einkauft. Jedoch: Was passiert, wenn die großen Rechenzentren für das Internet nicht mehr laufen, so werden die Aktivisten von „Fridays for Future“ wohl auch aufschreien, obwohl das dem Klimaschutz dient.

Daher ist es sinnvoll, über Alternativen nachzudenken, wie ein Start-Up aus Nordfriesland. Windcloud betreibt seine Büros und sein Rechenzentrum mithilfe von Algen. Das Verfahren ist momentan folgendermaßen: „Beim Betrieb laufen die Server warm. Um sie zu kühlen, wird kalte Luft durch sie hindurchgepustet und kommt auf der Rückseite der Serverschränke warm wieder heraus. Dann verpufft die warme Luft einfach.“ (NDR). Mit einer künftig geplanten Algenfarm werden die Preise sogar wahrscheinlich günstiger als die der Wettbewerber. Diese Innovationen machen es aus, welche Technologien bestehen bleiben und welche keine Zukunft mehr haben, denn die Marktwirtschaft lässt sich nicht von Klimaschutz diktieren, sondern von Angebot und Nachfrage. Einen gewissen Einfluss hat bestimmt auch die Politik, aber der entscheidende Faktor ist, meiner Meinung nach, die Wirtschaft.

Ein Gedanke zu „Fridays for Future: Was braucht die Klimabewegung“

  1. Die Bewegung folgt leider einem elitären, besserwisserischen Trend, der Argumente, noch ehe sie formuliert sind, bereits verwirft, wenn sie den eigenen Lebensgefühl, das vor allem von Angst gespeist wird, zu widersprechen scheinen. Man will vom Elfenbeinturm aus schlicht Panik verbreiten (vgl. Greta Thunberg).

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