Münchens Oberbürgermeister eröffnet das Oktoberfest nicht nur mit dem einladenden Ruf „Ozapft is!“. Denn er sagt auch: „Auf eine friedliche Wiesn!“. Erst dann werden die Maßkrüge angestoßen, erst dann fließt das Festbier in Strömen, erst dann beginnt der alljährliche zwei Wochen dauernde Ausnahmezustand in der Weltstadt mit Herz.
In dieser Zeit wälzt sich eine nicht enden wollende Menschenmasse über die Theresienwiese. Aus aller Herren Länder kommend, eint sie der feste Vorsatz, der ultimativen Gaudi Tribut zu zollen. Und wie sie zollen! In demonstrativ auf Pseudotracht gestylten und reichlich grotesk wirkenden Outfits stellen sie in riesigen dezibel- und bierschwangeren Zelten und in irrwitzigen High-Tech-Fahrgeschäften ihre Anatomien, ihre Blutkreisläufe und nicht zuletzt ihre Budgets auf eine beeindruckende Belastungsprobe.
Geschmackvoll herausgeputzte Brauereirösser besprenkeln das Ganze mit einem Hauch Tradition, indem sie auf den Wägen hinter sich Holzfässer herziehen, die aber schon längst nur noch Deko sind, weil das Bier fast nur noch aus riesigen Alu-Containern gezapft wird.
Es versteht sich von selbst, dass dieses Massenereignis auch ein Medienereignis ist. Denn es liefert Stoff für manche schöne Schlagzeile, auch wenn das eine oder andere schillernde Original wie der so brutal ermordete Rudolph Moshammer nichts mehr dazu beitragen kann. Zahllose Reporter jagen A-, B- oder zur Not auch C-Promis hinterher, um von ihnen irgendein uninteressantes Statement über die bayerische Lebensart einzufangen. Oder sie liefern ihrer Redaktion nur ein Stimmungsbild. So beschrieb die eine münchner Boulevardzeitung das erste Oktoberfestwochenende 2009 mit der Schlagzeile „Gemütlich wie lange nicht mehr“, während die andere bilanzierte „Wiesn brutal wie nie“.
Das „Eine“ geht scheinbar nicht ohne das „Andere“. Zur Beruhigung aber … auf Platz eins ist immer noch der € .
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Oder der $.
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Richtig.
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